Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer gefährden nur in Ausnahmefällen andere. Mehrheitlich sind sie die Opfer von Verkehrsunfällen. Deswegen fordern wir, die Ursachen von Motorradunfällen wissenschaftlich zu erforschen. Nur so können geeignete Gegenmassnahmen entwickelt werden, ohne dabei eine ganze Gruppe zu diskriminieren. Die zuständigen Behörden müssen die speziellen Sicherheitsbedürfnisse von Motorradfahrenden stärker bei der Strassen- und Verkehrsplanung berücksichtigen. Sicherheit hat für uns oberste Priorität.
Unterfahrschutz
Die IG Motorrad Schweiz kämpft seit Jahren dafür, an gefährlichen Stellen einen Unterfahrschutz an Leitplanken anzubringen. Diese Vorrichtungen kosten nicht viel Geld, schützen aber effektiv Leben. Sie verhindern, dass Zweiradfahrer (mit oder ohne Motor) unter den Leitplanken durchrutschen und den Abhang hinunterstürzen. Ausserdem können sie üble Verletzungen verhindern, die beim Aufprall auf einen Leitplankenpfosten entstehen können. Die Verletzungsgefahr reicht von Knochen- und Rippenbrüchen über Querschnittslähmung, abgerissenen Gliedmassen bis hin zum Tod. Dies kann durch eine einfache und kostengünstige Massnahme verhindert werden. In den Kantonen Freiburg, Genf und Wallis waren wir mit unseren Bemühungen bereits erfolgreich. Aktuell bitten wir gemeinsam mit zwei Grossräten unsere Mitglieder, gefährliche Stellen in Graubünden zu melden.
Deswegen fordert die IG Motorrad Schweiz: An allen gefährlichen Stellen einen Unterfahrschutz an Leitplanken und Leitplankenprotektoren anzubringen, damit diese für Motorradfahrende keine Gefahr mehr darstellen.
Strassenhaftung
Schon in der Fahrschule lernt jede Motorradfahrerin und jeder Motorradfahrer Zebrastreifen, Gullydeckel und Teerausbesserungen (Bitumen) zu umfahren. Besonders wenn es nass ist, verursachen Strassenmarkierungen, Bitumen und Kanaldeckel den sonst griffigen Teer schnell in eine Rutschbahn. Deswegen fordert die IG Motorrad die zuständigen Behörden auf, die Bedürfnisse von Zweiradfahrenden bei der Planung und Instandhaltung unseres Strassennetzes stärker zu berücksichtigen. In einer Verordnung soll zudem festgeschrieben werden, dass Teerausbesserungen und Fahrbahnmarkierungen (Zebrastreifen, Geschwindigkeits- und Gefahrenhinweise etc.) bestimmte Mindestanforderungen in Bezug auf Strassenhaftung erfüllen müssen. Gullydeckel sind so anzubringen, dass sie sich nicht auf der Fahrlinie von Motorradfahrenden befinden. Die Kurvenfahrtechnik folgt strengen Sicherheitsprinzipien, um gefährliche Unfälle zu vermeiden. Dabei wird eine Rechtskurve ziemlich nah am Mittelstreifen angefahren (sofern kein Gegenverkehr kommt). Eine Linkskurve sehr weit aussen entlang des Fahrbahnrandes. Dies wird bereits in der Fahrschule geübt. Viele Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer wiederholen dies regelmässig in Sicherheitstrainings oder Spezialkursen. Die IG Motorrad Schweiz steht den zuständigen Behörden sehr gern beratend zur Seite.
Deswegen fordert die IG Motorrad Schweiz: Eine Verordnung, dass Teerausbesserungen und Strassenmarkierungen Mindestanforderungen in Bezug auf Strassenhaftung erfüllen müssen.
Wissenschaftliche Erkenntnisse nutzen
Alle unter dem Titel „Verkehrssicherheit“ geplante Massnahmen sollen künftig mit allen von Fragen der Verkehrssicherheit betroffenen Gruppierungen diskutiert und ausgearbeitet werden. Die IG Motorrad Schweiz wird sich an solchen Debatten intensiv beteiligen. Massnahmen, die nicht auf wissenschaftlich überprüfbaren Erkenntnissen zur Unfallkausalität aufbauen, lehnen wir konsequent ab. Wir bestehen zudem auf den für Motorradfahrer wichtigen Kernwerten: Eigenverantwortlichkeit, Unabhängigkeit, Solidarität und Freiheit.
Wir fordern wissenschaftliche Studien über die Ursachen von Motorradunfällen. Solange diese nicht vorliegen, fordern wir die Offenlegung der unveröffentlichten Studien der Versicherer über die Unfallursachen. Die Verkehrssicherheit sollte kein Spielball politischer Interessen sein, sondern auf wissenschaftlich belegten Tatsachen beruhen. Die Unfallursachen müssen systematisch erfasst und unabhängig bewertet werden. Nur so lassen sich geeignete Massnahmen zum Schutze aller Verkehrsteilnehmenden entwickeln.
Deswegen fordert die IG Motorrad Schweiz Politik und Behörden auf, die längst überfälligen Verkehrssicherheitsmassnahmen zugunsten von Motorradfahrenden umgehend umzusetzen.
Nutzung der Rettungsgasse (Filtering)
Es mag zunächst nach einer seltsamen Forderung klingen: Warum sollen Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer die obligatorischen Rettungsgassen bei Stau auf der Autobahn nutzen? Schliesslich ist diese den Rettungsfahrzeugen vorbehalten. Doch auch hier steht das Thema Sicherheit im Zentrum der Forderung. Ohne Knautschzone, Stossstange und Airbags befinden sich Motorradfahrende zwischen einer Reihe von Autos in potenzieller Lebensgefahr. Das gilt ganz besonders am Stauende. Bei sommerlichen Temperaturen und ohne den zum Herunterkühlen notwendigen Fahrtwind kann es in der obligatorischen Schutzkleidung sehr schnell sehr heiss werden. Dies führt zu Konzentrationsverlust oder gar zu einem Hitzschlag.
Basierend auf diesen sicherheitstechnischen Überlegungen hat die IG Motorrad bereits vor Jahren die Forderung aufgestellt, dass das langsame Vorbeifahren an stehenden bzw. langsam fahrenden Kolonnen (Filtering) für Motorräder gestattet werden soll. Mehr als 15’000 Bürgerinnen und Bürger haben 2012 eine entsprechende Petition unterzeichnet. Wer das trotzdem für zu risikoreich hält, sollte einen Blick nach Belgien, Frankreich, Irland, Italien, Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänien, Spanien, Schweden, die Türkei, Ungarn, das Vereinigtes Königreich oder Zypern werfen. All diese Länder haben Regelungen implementiert, die «Filtering» seit Jahren, teilweise Jahrzehnten erlauben. Das heisst, Motorräder dürfen sich langsam (!) zwischen dem stehenden (auf Autobahnen auch langsam fliessenden) Verkehr hindurchschlängeln. Und solange sie keine Rettungsfahrzeuge behindern, dürfen sie auch die Rettungsgasse nutzen. In den Niederlanden regelt zudem ein offizieller Verhaltenskodex die gegenseitige Rücksichtnahme zwischen den Verkehrsteilnehmenden. Ein Modell, das auch sehr gut zur Schweiz passen würde.
Deswegen fordert die IG Motorrad Schweiz: Das langsame Vorbeifahren an stehenden bzw. langsam fahrenden Kolonnen ist zu gestatten. Dies gilt für den Stadtverkehr ebenso wie für die Autobahn (Filtering).